Der Cayman ist der erste “kleine” Porsche, der kein Imageproblem hat. Das wäre auch ziemlich unfair, schließlich hat er das Potenzial, besser zu sein als der Elfer.
Irgendwann hatte die Hänselei ein Ende. Im Jahr 2005 war das. Da kam der erste Porsche Cayman, und endlich war es vorbei mit den Schmähungen. Aber dazu später.
Nachdem Porsche 1963 den 911er präsentiert hatte, gab es schnell Bedarf für ein Einsteiger-Modell, denn der günstigere 356, der eigentlich der Vorgänger des 911 war, wurde 1965 eingestellt. In Zuffenhausen kam man dem 1966 nach, indem man einen Vierzylinder-Boxer mit 90 PS in die Karosserie des Elfers einbaute. Auf dem Motordeckel stand nun 912.
Ein Porsche für das Volk
Ein 911er für Arme war das – der sich in den ersten Jahren besser verkaufte als das Original. Insgesamt wurden bis zum Produktionsende 1969 32.000 Porsche 912 gebaut. Dann, 1970, kam der 914, der neben dem Porsche-Schriftzug auch das VW-Logo trug und als Vierzylinder auch bei VW gebaut wurde. Bis 1976 wurde er 120.000 Mal gefertigt – und als “Volksporsche” verspottet. Es folgte der 924, der ursprünglich als Audi vermarktet werden sollte und unter dessen Haube ein Motor aus dem Audi 100 saß. Entsprechend wurde er als “Hausfrauen-” oder “Audiporsche” verunglimpft. Es folgten der 944 und der 968, die sich technisch nicht weit vom 924er entfernt hatten. Dann der Boxster, der “Frauenporsche” schlechthin. Man kann sagen, dass es über die Jahrzehnte kaum einen kleinen Porsche gab, der kein Imageproblem hatte.
Dabei waren die Eintrittskarten in die Porsche-Welt, vom 912 mal abgesehen, fast alle erfolgreich und technisch fortschrittlich. Der 914 war der erste in Großserie gebaute Mittelmotorsportler, der 924 war ein Pionier der Transaxle-Bauweise. Der Boxster mit Mittelmotor und Cabriodach traf nicht nur den Nerv der Zeit, er war auch fahrdynamisch ein Topauto. Doch all das wurde erst in der Rückschau wirklich gewürdigt. Nur der Cayman, der auf der zweiten Boxster-Generation basierte, konnte sich vom Start weg vom 911er emanzipieren.
Seit März rollt die zweite Generation auf den Straßen. Und die ist schnell. Vor allem als Cayman S mit 325 PS und dem Doppelkupplungsgetriebe PDK. In 4,7 Sekunden ist er im Bestfall auf Tempo 100, Schluss ist erst bei gut 280 km/h. Im Sport-Plus-Modus hackt er zudem die Gänge so gnadenlos rein, dass man bei jedem Wechsel unfreiwillig mit dem Kopf nickt. Was aber vor allem das Fahrerlebnis mit dem Cayman bestimmt, ist dieses Gefühl, dass er fast masselos ist. Ein kleiner Impuls an der direkten Lenkung genügt und der Cayman legt sich in die Biegung. Die flache Karosserie bleibt parallel zum Asphalt und der Cayman folgt präzise der Linie.
Mehr Auto braucht man nicht
Leichter fühlt sich das an als beim 911, spielerischer, sorgloser. Wer braucht schon mehr Sportwagen? Doch der Cayman ist härter als der Elfer. Das Fahrwerk ist nicht ganz so komfortabel und nicht ganz so feinfühlig abgestimmt. Knüppelhart ist zwar was anderes, aber die Attitüde des Cayman ist ganz offenbar weniger gen Alltagstauglichkeit ausgelegt, weniger für den Langstreckenkomfort. Zwar bieten die zwei Kofferräume vorne und hinten mehr Platz als der eine in der Elfer-Front, aber um mal eben die Kleinen zur Kita oder in die Grundschule zu fahren, ist der Cayman ungeeignet. Schließlich hat er nur zwei Sitze.
Eigentlich, so die Theorie, könnte der Cayman dem Elfer überlegen sein. Mit 350 PS, also mit demselben Boxer-Motor, wäre er womöglich das schnellere Auto. Mit ein wenig Feinarbeit am Fahrwerk wäre er nicht weniger komfortabel. Und – abgesehen von den fehlenden Notsitzen – wäre er definitiv praktischer. Jedenfalls für die Reise zu zweit. Und er hat nicht mal ein Imageproblem.
Die Vorgänger
Porsche 912
Der 912 nutzte die Karosserie des 911, trat aber mit vier statt mit sechs Zylindern an – und verkaufte sich sogar besser als das Vorbild. Dabei wurde die Zahl der Rundinstrumente im Cockpit zunächst von fünf auf drei reduziert. Der Motor stammte aus dem Porsche 356 und leistete 90 PS statt 130 PS.
Porsche 914
Der 914 wurde als Vierzylinder-Boxer tatsächlich bei Volkswagen gebaut. Den Sechszylinder-Boxer fertigte Porsche allerdings in Weissach selbst. Das VW-Logo trugen beide Varianten, den Namen “Volksporsche” auch. Inzwischen ist der Mittelmotor-Sportler ein begehrter Klassiker.
Porsche 924
Der 924 war der erste Porsche mit Frontmotor in Transaxle-Bauweise. Das sorgte für eine sehr ausgewogene Gewichtverteilung, denn das Getriebe saß an der Hinterachse. Früher als “Audiporsche” geschmäht, findet er heute auch wegen der unbestreitbaren dynamischen Qualitäten seine Liebhaber.
Dieser Artikel erschien am 24. August 2013 in der “Berliner Zeitung”.
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