Citroën Racing
Überall Überraschungen

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In der Nähe von Paris entsteht der Rallye-Erfolg von Citroën. Wir statten dem Motorsport-Hauptquartier einen Besuch ab – und drehen ein paar Runden mit Mikko Hirvonen.

“Are you ready?” Mikko Hirvonen ist soeben auf die Teststrecke abgebogen und hat noch mal kurz angehalten. Es ist ein kleiner Rundkurs mit zwei, drei schnellen Kurven, einer engen Kehre auf Kopfsteinpflaster, die auf einer kleinen Kuppe liegt, und einer Spitzkehre am Ende. Die meisten Kurven sind nicht einsehbar, weil dicht an der Betonfahrbahn Bäume stehen, deren Äste über die Strecke ragen.

Das Auto ist ein Citroën DS3 WRC. Dessen Daten klingen nicht sehr beeindruckend: 300 PS aus 1,6 Litern Hubraum und 350 Newtonmeter Drehmoment bei 1.350 Kilo Gewicht – inklusive Hirvonen und mir. Ungefähr. Hirvonen fragt mich also, ob ich fertig sei. Über Funk sage ich: “Yes, let’s go!” Hirvonen legt mit dem hoch aufragenden Schalthebel den ersten Gang ein und gibt Gas.

Vernachlässigte Trophäe

Die Reifen krallen sich in die Betondecke. Von allen vier Rädern wird der kleine Citroën nach vorne katapultiert und drückt mich tief in den Schalensitz. In den Kurven reißen die Fliehkräfte an einem. Kopf, Arme und Beine taumeln bei jeder Bremsung, bei jeder Kurve hin und her wie in der Augsburger Puppenkiste. Insbesondere dort, wo Hirvonen die Handbremse einsetzt, um den DS3 herumzuschleudern, auf der Kopfsteinpflaster-Kuppe und bei der letzten Spitzkehre.

Die Teststrecke liegt ein paar Hundert Meter entfernt vom Citroën-Racing-Zentrum in Versailles auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz. Zwei Panzer stehen noch in der Gegend herum. Das Hauptquartier des WRC-Engagements von Citroën steht eher unscheinbar da. Von außen sieht es aus wie eine Händlerniederlassung. Allerdings stehen im Fenster eine Handvoll Rallye-Autos.

Am einen Ende der Halle steht ein Empfangstresen, daneben eine unscheinbare Vitrine, darin der Wanderpokal der WRC. Acht Mal ist Citroën in den vergangenen Jahren Weltmeister geworden, jedes Mal holte der Franzose Sébastien Loeb den Titel. Hinter der Vitrine versperren Drehkreuze den Weg zum “Workshop”, in dem 200 Menschen am Rallye-Erfolg von Citroën arbeiten.

Es beginnt mit einem Alu-Block

Renningenieur Cedric Mazenq führt uns durch die Räume, die sich im ersten Teil nur wenig von einem Großraumbüro unterscheiden. Hier sitzen die Designer, die fast alles am DS3 WRC von Grund auf selbst entwickeln. Rund 90 Prozent der Teile, sagt Mazenq, seien selbst angefertigt. Beim Motor sind es sogar 100 Prozent. Und mit einem Block Aluminium fängt alles an.

“Laboratoire”, Laboratorium, heißt der Ort, an dem die Motoren gebaut werden. Hier ist Christian Balderacchi zuständig. Vor uns steht eines seiner Werke. Rund zwei Wochen hat ein Mechaniker gebraucht, um den Motor zu bauen. Man sieht ihm die Handarbeit an, an den Schweißnähten der Zahnriemenabdeckung zum Beispiel. Aber das unscheinbare Stück Metall hat vier Rallye-Starts hinter sich – und vier Siege. “Ein guter Motor”, sagt Balderacchi, “vielleicht wird er noch mal eingesetzt.”

Vorher würde der Motor aber noch einmal auseinandergenommen und komplett durchgecheckt. Nachdem die Motorsportbehörde FIA vorbeigekommen ist und ihn kontrolliert hat. Bis dahin muss er verplombt bleiben. Ein neuer Motor wird erst gebaut, wenn der alte durch ist, damit man die gleichen Fehler nicht zweimal macht.

Ölige Hochtechnologie

Es besteht also kein Zweifel: Hier wird ernsthafter Motorsport betrieben. Da gibt es einen Motorenprüfstand, in einem Bereich werden nur Fahrwerkskomponenten bearbeitet, und in einem anderen Raum steht ein grobschlächtiges Gerät, mit dem der komplette Antriebsstrang simuliert werden kann. In der Mitte ein verschlissener Autositz und ein Schalthebel, an den vier Ecken gekapselte Walzen, die Räder simulieren. Das ist Hightech, aber es wirkt nicht klinisch, sondern immer noch wie Handwerk, ölig irgendwie.

Im letzten Raum, den wir sehen, stehen vier DS3 WRC. Sie werden für die nächsten Rennen vorbereitet. Die Autos, die über die mal harten, mal weichen, überwiegend schnellen und engen Schotterpisten geprügelt werden, haben noch keinen Motor und kein Getriebe, als wir sie im Workshop besichtigen. Die Teile werden erst noch ausgewählt.

Hirvonen erzählt später: “Bei einer Rallye ist jede Kurve anders. Überall lauern Überraschungen. Manchmal ist eine Kurve rutschiger als erwartet. Manchmal landest du nach einem Sprung ganz woanders, als du gedacht hast. Aber du fährst immer Vollgas, so schnell, wie du kannst.” – Hoffentlich haben seine Mechaniker die richtigen Teile ausgesucht.

Der Artikel erschien am 20. Oktober 2012 in der “Berliner Zeitung”.

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